Entstehung der Psychosynthese

 

Entwickelt wurde der Ansatz der Psychosynthese von dem italienischen Arzt und Psychiater Dr. Roberto Assagioli (1888 – 1974). Aus seinen Erfahrungen mit der Psychoanalyse Freuds und eigenen Erkenntnissen aus seiner Arbeit entwickelte er in den 1930er Jahren ein Modell, das Kreativität, Wille, Freude und Weisheit genauso mit einschließt, wie die Impulse und Triebe. Assagioli sprach sich für eine wissenschaftliche Psychologie des ganzen Menschen aus. Seine Studien der Philosophie, Psychologie, Mystik, Medizin und der Religionen betrieb er interdisziplinär.

 

Einen ersten bekannten Artikel schrieb er 1906 mit dem Titel: "Gli effeti del riso e le loro applicazioni pedagogiche" (Vom Effekt des Lachens und seiner Bedeutung in der Pädagogik). Damit war er nicht nur damals seiner Zeit weit voraus.

 

Bis in die 1970er Jahre verbreitete sich die Psychosynthese besonders im englischsprachigen Raum. Seit den 1980er Jahren findet sie vermehrt Anerkennung und Anwendung auch in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Viele Grundgedanken Assagiolis sind längst auch in andere psychologische, coachende, beratende und wissenschaftliche Konzepte eingeflossen.

 

Psychosynthese ist erst im zweiten Schritt ein therapeutischer Ansatz. In erster Linie dient sie dem natürlichen Streben des Menschen nach Entfaltung seines ganz eigenen Wesens, seiner eigenen Identität und Ganzheit. Einen ganz ähnlichen Ansatz finden wir bei C.G. Jung, der ihn den Prozess der Individuation nennt.

 

Ebenso wie C.G. Jung, Abraham Maslow, Erich Fromm oder Viktor Frankl erkannte Roberto Assagioli die Bedeutung der Transpersonalen Ebene für die psychische Gesundheit und Entwicklung des Menschen. Diese Dimension befasst sich mit den Phänomenen und Wahrnehmungen, die über die Grenzen der eigenen Person hinaus gehen. Es sind religiöse Erfahrungen, Eingebungen, der Ruf einer speziellen Aufgabe, ein Verbundenheitsgefühl mit einem größeren Ganzen, eine tiefe Liebe zur Natur und ihrer Weisheit und Schönheit oder auch ein besonderes Aufgehobensein, Vertrauen und Sinnerleben.

 

Assagioli entdeckte wie auch Jung in den Träumen der Menschen und Mythologien der Welt völlig unabhängig voneinander immer wieder sehr ähnliche Motive. Jung nannte sie die Archetypen, die einen festen Platz in jedem Menschen, im Kollektiven Unbewussten zu haben schienen und auf ein größeres Ganzen hindeuteten. Das Kollektive Unbewusste besteht aus inneren Bildern mit denen alle Menschen auf der Welt ganz ähnliche Assoziationen verbinden und innerseelische Impulse erleben. Sehr ausdrucksstarke Bilder sind z.B. die Bilder des Helden, des Kindes, der alten weisen Person und der Mutter. Genau wie genetische Strukturen sind diese Bilder offensichtlich naturhaft in uns allen veranlagt und schaffen eine überpersonale Verbundenheit.

 

Zu erwähnen ist auch, dass Assagioli die Herangehensweisen anderer Psychologischer Schulen sehr würdigte. Er sah keine Konkurrenz, sondern hatte eher die Haltung der wünschenwerten Weiterentwicklung auf der Basis neuer Erkenntnisse über die menschliche Seelenwelt. Auch seine Arbeit betrachtete er als unvollendet und rief zum Gebrauch und dadurch zur Weiterentwicklung auf.