Das Menschenbild

 

„Der Mensch ist eine Seele und hat eine Persönlichkeit“

(Roberto Assagioli)

 

Die Persönlichkeit ist erlernt. Die Seele ist eine Konstante, die von Beginn an da ist. Sie beschreibt das Eigentliche, was den Menschen ausmacht, das Innerste mit all seinen Anlagen, Bedürfnissen und Potenzialen.

 

In der Seele ist all das vorhanden, was der Mensch aus seiner eigenen Natur heraus ist. Besondere Begabungen, Kreativität, Lebendigkeit, Empfindsamkeiten, Neigungen, und ganz persönliche Eigenschaften und Qualitäten, sozusagen die ganz eigene Bestimmung oder Lebensmelodie ist hier veranlagt. Die Seele ist das Prinzip strömenden Lebens in uns. Nach der Eicheltheorie die auch der Jungianers James Hillman aufgriff, ist in der Eichel schon alles vorhanden, was später zu einer großen, kräftigen Eiche werden will. Der Mensch trägt also von Beginn an alles in sich, was ihn ausmacht, was auch seine Berufung ist. Die Seele ist also so wie die Gene naturgegeben. Was aus dem Naturgegebenen wird, hängt erst sehr von unserer Sozialisation und später vor allem von uns selber ab.

 

Die Persönlichkeit ist zum größten Teil erlernt und eingeübt, eine Anpassungsleistung, um mit der Grammatik der Welt in der wir leben umgehen zu können. Der Mensch ist ein Beziehungswesen und braucht Zugehörigkeit, um leben zu können, ganz besonders als Kind. Also hat das Erlernen in jedem Fall einen tiefen Sinn. Als Persönlichkeit können wir die Rolle, die wir spielen bezeichnen oder das Gesicht, das wir der Welt zeigen oder unsere Vorstellung, wie wir glauben sein zu müssen. Die Persönlichkeit ist veränderbar, zumindest bis zu einem gewissen Maß. Die Persönlichkeit bewegt sich zwischen einer Maske, die alles Wahrhaftige in uns verdeckt und dem ehrlichen und authentischen Spiegel unserer Seele.

 

Die Folge der in unserer Gesellschaft normalen (also der Norm entsprechenden) Persönlichkeitsentwicklung ist oft eine Kluft zwischen dem Eigentlichen, was den Menschen ausmacht, also der Seele mit all ihren naturgegebenen Inhalten und dem Erlernten. Denn nicht alles, was ein Mensch mitbringt wird von der Umgebung, in der lebt automatisch akzeptiert und angenommen. Bewußt ist uns die Kluft meist nicht. Wir können sie aber spüren, wenn wir unseren körperlichen und inneren Signale lauschen.

 

Wie nah wir an unserer eigenen Wahrheit sind, können wir an dem Maß der Lebendigkeit und Lebensfreude, die wir empfinden messen.

 

Entsprechen wir zunehmend unserer tiefen Identität, fühlen wir uns  lebendiger, stärker, anwesend, erleben Sinn und Selbstwirksamkeit und haben eine lebensbejahende Grundhaltung. Wir blicken hoffnungsvoll in die Welt und erfahren Schwierigkeiten als sinnvolle Hinweise und zu bewältigende Aufgaben. Unabänderliches können wir akzeptieren, ohne daran zu zerbrechen. Die Wucht der Feindbilder nimmt ab. Es taucht eher ein neutraler Blick auf die Menschen auf, die uns zuvor sehr aufregten oder faszinierten. Wir werden kreativer und ideenreicher. Entscheidungen werden für uns treffender, auch ohne den Rat verschiedener Menschen. Selbstkritik, Selbstzweifel und Schuldgefühle nehmen ab. Wir empfinden mehr Selbstsicherheit und Souveränität, erleben bereichernde und tragende Beziehungen und können mehr berufliche Erfüllung gestalten.